Schon wieder ein Engel
Es geht los in den Urlaub. Dieses Jahr ist Dänemark dran. Nach vielen Stunden Fahrt erreichen wir schließlich die Fähre, die uns in einer 45-minütigen Fahrt nach Dänemark bringen soll. Wegen der langen Anfahrt und der damit verbundenen Ungewissheit, wann wir letztendlich an der Fähre ankommen werden, hatten wir die Überfahrt nicht im Voraus gebucht.
Von anderen Fahrten mit Fähren kannten wir die Praxis, dass wir als Fahrzeuginsassen, die auf der Fähre einen Rollstuhl ausladen und benutzen müssen, einen besonderen Standplatz auf der Fähre zugewiesen bekommen. So hielten wir denn auch gut sichtbar die Behindertenparkkarte den Fähr-Einweisern entgegen, landeten aber trotzdem in der normalen Reihe, mit all den anderen Fahrzeugen, die sich dicht an dicht hintereinander auf dem Parkdeck aufreihten. Und damit hatten wir ein Problem. Denn wir mussten laut Fährbetreiber das Auto während der Fahrt verlassen. Wie bitte schön, soll das aber mit einem Rollstuhl gelingen, wenn die Autos gerade so einen Durchgang für fußläufige Menschen ermöglichen?
Das brachte mich in Not. Ich saß in meinem Rollstuhl also etwas ratlos hinter unserem Auto, während mein Mann sich auf die Suche nach dem besten Ausgang machte.
Da sprach mich ein anderer Passagier an. Ein Schwede, wie sich später herausstellte, der unglaublich gut Deutsch sprechen konnte! Er fragte mich, ob er mir helfen kann und ich erklärte ihm meine missliche Lage. Sofort war er bereit, uns zu helfen. Mit einigem Jonglieren konnte mein Mann den Rollstuhl zugeklappt zum Aufzug bringen, während ich mich an dem freundlichen Schweden, der sich zudem als Krankenpfleger herausstellte, festhalten durfte – da ich ohne mich an jemandem oder etwas festzuhalten, leider nicht mehr gehen kann. So gelangten wir also doch noch an den Aufzug und konnten die Überfahrt vom Deck aus genießen.
Ist es nicht wunderbar, wie Gott uns manchmal „Engel“ in Form von Menschen an die Seite stellt, die ohne lange zu überlegen und ohne dafür eine Gegenleistung zu erwarten, ihre Hilfe anbieten? Es war bestimmt kein Zufall, dass dieser Mann sein Auto ausgerechnet vor unserem parken musste, dass er zudem Deutsch sprach (mein Schwedisch ist doch sehr eingerostet 😉) und dann noch Krankenpfleger war, der einige Jahre in Deutschland gearbeitet hatte. Bevor er mich ansprach, liefen einige Menschen an mir vorbei, die das eben nicht taten, sondern sich um ihren eigenen Kram kümmerten.
Und nicht nur das. In einer Welt, in der alles immer mehr zu verrohen scheint, man den Eindruck bekommt, dass überall nur Hass und Ablehnung vor Fremden vorherrscht, war dieses Erlebnis wie ein Lichtblick der sagte: Nein, nicht überall ist es Dunkel, nicht jeder ist voller Hass, sondern immer wieder begegnen einem Menschen, die herausstechen, weil sie mit offenen, barmherzigen, selbstlosen Augen durch die Welt laufen. Möge ich auch ein solcher Mensch sein.