Spuren

Wir „gehen“ am wenig frequentierten Strand des Fjords entlang. Ich freue mich, dass mein Rollstuhl hier tatsächlich fahren kann und ich mal wieder das Feeling eines „Strandspaziergangs“ habe. Es tut gut: Die Sonne, die Wärme, der Wind, die Wellen, das Schreien der Möwen …
Einige Zeit wandern wir so am Ufer entlang, bleiben eine Weile stehen, beobachten die untergehende Sonne. Als wir schließlich zurück gehen, sind wir etwas verwundert. Denn ich war zwar recht dicht am Wasser entlanggefahren, weil der Sand dort fester und deshalb für mich befahrbar war. Nun aber verlaufen meine Spuren vom Hinweg plötzlich im Wasser. Da wird es uns klar: Die Flut hatte unmerklich eingesetzt und das Wasser war inzwischen mindestens einen Meter weiter ans Ufer herangekommen.
Einige Tage später sind wir auf demselben Strandabschnitt unterwegs. Seltsam, denke ich, man sieht auch heute Spuren im Sand, die den Spuren ähneln, die mein Rollstuhl hinterlässt. Zunächst mutmaßen wir, dass irgendwo vor uns jemand mit einem ähnlichen Gefährt unterwegs ist, bis es uns klar wird: Nein, das sind immer noch „meine“ Spuren von vor ein paar Tagen. Sehr krass, wie wir finden.

So läuft auch dein und mein Leben ab. Egal was du tust, egal mit wem du sprichst – du hinterlässt Spuren. Manchmal scheint es, dass die Spuren deines Lebens schnell wieder weggewischt sind, durch Ereignisse, durch scheinbares Vergessen werden oder dem Stempel der Unwichtigkeit. Die Welt dreht sich schließlich weiter. Aber ist es wirklich so? Oft hinterlassen wir unmerklich im Leben anderer Menschen Spuren. Spuren, die noch Jahre später sichtbar sind. In gewissem Sinne entscheiden wir selbst, welche Art von Spuren das sind. Wir können uns für das Gute entscheiden und so dafür sorgen, dass, auch wenn wir selbst nicht mehr auf der Erde unterwegs sind, unser liebevolles Handeln, unsere Liebe, unser Gebet, unsere Hingabe, unsere Freundlichkeit im Anderen in Erinnerung bleiben, sein Leben prägen und ihn auf guten Wegen leiten. Das wünsche ich mir.

 

 

 

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